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Da war doch mal was!

Der Verlust von Lesbarkeit bei Ormig-Abzügen
Archivtag Sachsen-Anhalt, 6. Juni 2005, Referat Ute Schiborra 

Ormig-Abzug = Spirit-Umdruck 

Mit diesem Verfahren hergestellte Dokumente sind in den Archiven häufig als Vervielfältigungen von Protokollen, Arbeitsblättern, Verordnungen u.ä. zu finden.

Das Prinzip des Vervielfältigungsverfahrens 
Die Vorlage wird mit alkohollöslichen Farbstoffen (ionische Beschreibmittel) auf glattem Papier mit der Hand oder der Schreibmaschine geschrieben oder auch gezeichnet, dann wird das Papier so auf ein Hektographie-Durchschlagpapier aufgelegt, dass der Text seitenverkehrt auf der Matrize erscheint. Diese muss anschließend auf dem Zylinder des Vervielfältigungsgerätes befestigt werden. Die nacheinander durch das Gerät laufenden, mit alkoholhaltiger Flüssigkeit befeuchteten Blätter, werden so über die Matrize bedruckt. Diese Geräte wurden gegen 1920 eingeführt; sie sind leichter zu handhaben und schneller beim Abziehen im Vergleich zur Hektographie, die seit 1878 bis etwa zum zweiten Weltkrieg als Vervielfältigung verbreitet war. Beide Verfahren arbeiten nach dem gleichen Prinzip und sind Alkoholen gegenüber empfindlich. Erst in den letzten Jahrzehnten werden Ormig-Abzüge durch moderne Fotokopien ersetzt.

Problematik der Umdrucke: Verblassen der Schrift - Verlust der Lesbarkeit 
Die Stabilität der Hektographiefarben (Anilinfarbstoffe) ist unterschiedlich, frühe Tinten weisen eine beschränkte Lichtbeständigkeit auf, die aber später verbessert wurde. Auch ist die Intensität des Farbstoffauftrags bei den einzelnen Abzügen nicht gleichmäßig hoch. Im Verlauf des Abziehens, besonders bei größeren Stückzahlen, fallen die Drucke zum Ende hin häufig heller aus. Diese Dokumente haben eine geringere Farbstabilität und verblassen bei der Alterung im Allgemeinen früher.

Vorgänge zur Lesbarkeit verblasster Schriften bei Umdrucken 

  • Das Landeskriminalamt Berlin in Zusammenarbeit mit dem Landeshauptarchiv Potsdam entwickelte 1998 bei Versuchen, durch chemische Verfahren die Lesbarkeit der Schrift wieder herzustellen, keine nutzbaren Ergebnisse. Die Untersuchungen wurden nach Aussage des Archivs zu der Zeit nicht weitergeführt. 
  • Das Niedersächsische Staatsarchiv Bückeburg hatte bei einem Versuch mit Wasserdampf, bei 90 % Luftfeuchtigkeit, einen sehr geringen Erfolg als Möglichkeit besserer Lesbarkeit erzielt. Dazu gibt es auch keine weiteren Versuchsergebnisse, so Herr Wilfried Feindt, Leiter der Restaurierung. 
  • Selbsthilfe: Wird der verblasste Ormig-Abzug durch eine Fotokopie ersetzt, kann mit der entsprechenden Einstellung des Kopiergerätes eine Kontrastverstärkung erzielt und die Lesbarkeit evt. wieder hergestellt werden. 
  • Prof. Dr. Fuchs, Fachhochschule Köln, Fakultät für Kulturwissenschaften, bietet die Möglichkeit der Sichtbarmachung nicht mehr lesbarer Schriften durch Röntgenfluoreszenz- und Röntgenabsorptionsuntersuchungen an.

Maßnahmen gegen das Verblassen der Schrift und den Verlust der Lesbarkeit 

  • Lichtgeschützte Lagerung und ggf. Lichtschutz bei der Nutzung der Umdrucke. 
  • Kopien oder Skans zur Nutzung der Dokumente einsetzen. 
  • Fixierung als Schutz: Die Fixiermittel Rewin und Mesitol, Fixiermittel die bei der wässrigen Papierentsäuerung eingesetzt werden, können vom Restaurator auch manuell mit relativ gutem Erfolg angewendet werden. 

Behandlung von säurehaltigen Papieren 
Die im Umdruckverfahren vervielfältigten Dokumente in den Archiven, sind der Zeit entsprechend überwiegend auf Holzschliffpapieren abgezogen. Diese Papiere unterliegen endogenen Zerfallsprozessen, (Säurefraß) die durch verschiedene Entsäuerungsverfahren gestoppt werden können. Durch die chemische Unbeständigkeit der Farben bei Ormig-Abzügen können Entsäuerungsmaßnahmen mit chemischen Lösemitteln die Tinten zum Ausbluten bringen. Dagegen ist dieses Erscheinungsbild bei der Entsäuerung mit wässrigen Lösemitteln kaum, und dann nur in geringem Maße zu erwarten, hauptsächlich bei farbkräftigen Abzügen oder ungünstigen Tintenrezepturen. Die Lesbarkeit wird dadurch nicht beeinträchtigt.

Lit.: Andrea Giovannini "DE TUTELA LIBRORUM" die Erhaltung von Büchern und Archivalien