Die Themen dieser Ausgabe:

Leseland, Geßner, Günther ... der September im Gleimhaus

Newsletter des Gleimhauses 9/2023


Liebe Freundinnen und Freunde des Gleimhauses,
sehr geehrte Damen und Herren,

nur noch ganz wenige Tage Gelegenheit, die Zeichnungen der Halberstädter Altstadt von Erhard Wolf aus den 1970er Jahre in der Ausstellung „Häuser und Menschen“ zu betrachten. Mit der folgenden Schau „LeselandDDR“ verbleiben wir noch einmal in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Näheres hierzu und zu unserem übrigen Programm erfahren Sie aus diesem Newsletter.

Ausstellungen

Häuser und Menschen. Die Halberstädter Altstadt in Zeichnungen von Erhard Wolf (bis 3. Sept.)

1976 trat der Architekt Erhard Wolf mit dem Beginn seines siebzigsten Lebensjahrs in den Ruhestand. In den wenigen Jahren bis zu seinem Tod schuf er eine umfangreiche Serie von Ansichten der Halberstädter Altstadt. Es sind Darstellungen von Häusern, Höfen und Stadträumen, die großenteils dem Untergang geweiht waren. Nach der kurz vorher angenommenen Leitplanung zur Erneuerung der Stadt sollte die Unterstadt, die bis dahin im Wesentlichen geschlossen erhalten war, größtenteils abgebrochen werden. Die Fachwerkhäuser sollten durch Plattenbauten ersetzt werden. In Anbetracht dessen verwundert das bunte Leben auf Wolfs Bildern. Als Darstellungen der Halberstädter Altstadt, darunter viele verschwundene Häuser und Winkel, wie auch des Lebens in diesen Mauern rufen diese Zeichnungen Erinnerungen wach. Die Serie Wolfs ging in die grafische Sammlung des Gleimhauses ein und wird nun erstmals in einer Ausstellung gezeigt. Von der Mappe mit 20 Reproduktionen in limitierter Auflage sind noch einige Exemplare erhältlich.


Leseland DDR
(22. Sept. bis 28. Jan. 2024)

Die Schau lädt zu einer Reise durch das „Leseland DDR“ auf 26 Tafeln mit Texten, Bildern und Videos ein. Sie erzählt vom Eigensinn der Menschen, die sich ihre Lektüre nicht vorschreiben lassen wollten, die für rare Bücher Schlange standen und auf der Leipziger Buchmesse so manchen begehrten Titel westdeutscher Verlage heimlich in die Tasche steckten. Die Reise führt durch ein Land, dessen Obrigkeit an die Macht des geschriebenen Wortes glaubte und es zugleich fürchtete. Sie führt durch die Welt der Krimis, Märchen, Science-Fiction sowie Kochbücher, durch Literatur aus der Sowjetunion und die Werke der schreibenden Arbeiter des sozialistischen Realismus. Sie endet mit den Schriftstellern in der Friedlichen Revolution und der DDR als Thema in der Gegenwartsliteratur.

Die Ausstellung wurde von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur herausgegeben.

Veranstaltungen

Mi., 6. Sept., 15.15 Uhr │ Gleim und die verflixten Schlüssel. Stadtspaziergang für Kinder
Sophie, die Haushälterin Gleims, hat mal wieder ihre Schlüssel verbummelt. Wenn sie nur wüsste, wo? Im Hof, als sie die Wäsche zum Trocknen aufhing? Oder in der Kleiderkammer? Womöglich hat sie sie beim Staubwischen im Freundschaftstempel irgendwo hingelegt? Da muss sie wohl alle ihre heutigen Wege nochmal abgehen, durch das Haus und einmal um den Dom herum. Kinder sind eingeladen, sie zu begleiten, denn viele Augen sehen mehr als zwei. Buchung über die Tourist Information Halberstadt (https://www.halberstadt.de/de/themen-und-erlebnisfuehrungen/gleim-und-die-verflixten-schluessel.html).

So., 10. Sept., 14 Uhr │ „Offene jüdische Häuser – Auf den Spuren jüdischen Lebens“ und Tag des offenen Denkmals
Elisabeth Heynemann, geboren 1904 als Tochter einer kultursinningen jüdischen Halberstädter Kaufmannsfamilie, war Bibliothekarin in Halberstadt und später in Halle, wurde aber 1933 auf Grundlage des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entlassen. Im Rahmen des Projekts „Offene jüdische Häuser“ machen heutige Bewohner oder Nutzer die frühere jüdische Nachbarschaft deutlich. Der Aktionstag beginnt um 12 Uhr in der Klaussynagoge. Ab 14 Uhr bietet sich in verschiedenen Häusern Gelegenheit zur Begegnung. Im Gleimhaus spricht Noga Zohar, Amsterdam, über seine Großmutter Elisabeth Heynemann sowie außerdem über die Grafik des „Abrahämchens“ aus der Sammlung Augustin im Gleimhaus, die Inspiration für die Figur des Isaac Melcher in Noga Zohars Animationsfilm war im Berend Lehmann Museum. Eintritt frei.

Mo., 11. Sept., 18 Uhr │ Lesezirkel: Zwei Idyllen von Salomon Geßner
Der Lesezirkel bespricht diesmal die Idyllen „Der Frühling“ und „Die Erfindung des Saitenspiels und des Gesangs“ des Schweizer Verlegers, Dichters und Malers Salomon Geßner. Gleim stand mit Geßner in freundschaftlicher Verbindung und nahm ein Porträt von ihm in seinen „Freundschaftstempel“ auf.

Geßner war 1756 mit seiner Sammlung „Idyllen“ berühmt geworden. Im Vorwort hieß es: „Diese Idyllen sind die Früchte einiger meiner vergnügtesten Stunden; denn es ist eine der angenehmsten Verfassungen, in die uns die Einbildungs-Kraft und ein stilles Gemüth setzen können, wenn wir uns mittelst derselben aus unsern Sitten weg, in ein goldnes Weltalter setzen. […] Oft reiß ich mich aus der Stadt los, und fliehe in einsame Gegenden, dann entreißt die Schönheit der Natur mein Gemüth allem dem Ekel und allen den wiedrigen Eindrüken, die mich aus der Stadt verfolgt haben; ganz entzükt, ganz Empfindung über ihre Schönheit, bin ich dann glüklich wie ein Hirt im goldnen Weltalter und reicher als ein König.“

Der Blick richtet sich auch auf die französische Rezeption deutscher Dichtung in Paris im Kreis um den deutschen Kritiker, Schriftsteller und Diplomaten Melchior Grimm (1723-1807), dessen Geburtstag sich im September zum 300. Mal jährt.

Die Texte finden sich unter:
https://www.deutschestextarchiv.de/book/view/gessner_idyllen_1756?p=96 (S. 107 und S. 91)

Der offene Lesezirkel zu Texten des 18. Jahrhunderts trifft sich jeden zweiten Montag im Monat im Gleimhaus. Neulinge sind immer willkommen! Eintritt frei.

Mi., 13. Sept., 19.30 Uhr │ Geist und Muse bei Gleim: „Ich bleibe, was ich bin, und bleib ich auch verlaßen“ – Vortrag und Lesung zum 300. Todestag von Johann Christian Günther. Mit Hans-Joachim Kertscher und Hans-Henning Schmidt
Der Dichter Johann Christian Günther ist ein Sonderling in der deutschen Literaturgeschichte und eine tragische Gestalt. Seine Gedichte bilden einen Übergang von der barocken Dichtung zur frühaufklärerischen Poesie. Bereits als Schüler verfasste er bemerkenswerte Liebesgedichte. Seine Verse im anakreontischen Duktus, Studentenlieder und Liebesgedichte sind Vorläufer der scherzhaften Dichtung eines Gleim und nehmen auch bereits die Erlebnislyrik der Sturm-und-Drang-Periode vorweg. Goethe bescheinigte dem Dichter „ein entschiedenes Talent“, bemängelte allerdings zugleich Günthers unangepasste Lebensart: „Er wusste sich nicht zu zähmen, und so zerrann ihm sein Leben wie sein Dichten.“ Vorgestellt werden die ‒ letzlich gescheiterten ‒ Versuche eines hochtalentierten Dichters, eine berufliche Existenz in der Gesellschaft der Frühaufklärung zu finden. Vor 300 Jahren starb er, völlig verarmt, 27jährig in Jena. Vortrag und Rezitation mit Hans-Joachim Kertscher und Hans-Henning Schmidt (LITERAtainment Halle). Eintritt frei.

Do., 21. Sept., 19.30 Uhr │ Hofabend bei Gleim: Leseland DDR
Ausstellungseröffnung mit Annegret Loose und Susanne Wiermann

So, 24. Sept., 11.15 Uhr │ Lesung mit Cornelia Marx, Simone Trieder und Dirk Fehse
Die Lesung steht im Rahme der Reihe „Die Geschichtenkarawane zieht durchs Land“ des Kulturwerks deutscher Schriftsteller (Sachsen-Anhalt). Autorinnen und Autoren aus Sachsen-Anhalt und aus Berlin melden sich zur Geschichte Mitteldeutschlands und der Welt zu Wort und verleihen ihrer Sorge über den Klimawandel und die Konflikte in unserer Zeit Ausdruck. Im Gleimhaus sind zu erleben: Cornelia Marx, Simone Trieder und Dirk Fehse.

Kurze Geschichten aus dem Neubau-Karree, Gedanken über Nachbarn aus dem Erzählband „Fundervoll“ von Simone Trieder wechseln mit Gedichten der Lyrikerin und Übersetzerin bosnischer Autoren Cornelia Marks. Sie führt ihr Publikum nach Sarajewo und Vukovar in Kroatien. Den Abschluss der Veranstaltung gestaltet der Nachwuchsautor und Chemie-Doktorand Dirk Fehse aus Halle, der nach eigener Auskunft schreibt, „um wegen des Alltagsgeschehens nicht verrückt zu werden“ und auch als Poetry Slammer unterwegs ist. Moderation Renate Sattler. In Kooperation mit dem Kulturwerk Deutscher Schriftsteller Sachsen-Anhalt. Eintritt frei.

 

Aktuelles

Den Gleim-Literaturpreis 2023 erhält Eva Seemann für ihre 2023 im Wallstein Verlag Göttingen erschienene Studie „Hofzwerge. Kleinwüchsige Menschen an deutschsprachigen Höfen der frühen Neuzeit.“ Mit dieser Publikation wird erstmalig das Gesamtphänomen des Hofzwergs sichtbar, das zwischen Absolutismusgeschichte, Zeremoniell, Kunst- und Literaturgeschichte zu verorten ist. Verständlich, schnörkellos und klar legt Eva Seemann ihre Forschung dar, der ein immenses Archivstudium zugrunde liegt. Der Preis wird am 3. November verliehen.

Ausblick

6./7.10. │ Interdisziplinäre wissenschaftliche Konferenz zum „Stolbergischen Jahrgang“ Georg Philipp Telemanns nach Texten von Gottfried Behrndt. In Kooperation mit dem Telemann-Zentrum Magdeburg

9.10., 18 Uhr │ Lesezirkel

11.10., 19.30 Uhr │ Susanne Stephan (Stuttgart) liest aus „Der Held und seine Heizung. Brennstoffe der Literatur“

14.10., 17 Uhr │Michael Ebert: „Nicht von dieser Welt“. Lesung. Gemeinschaftsveranstaltung mit dem Städtischen Museum

19.10., 15 Uhr │ Die Buchreihe „Märkischer Dichtergarten“ von Günter de Bruyn und Gerhard Wolf. Mit Renate Petrahn und Annegret Loose

3.11., 18 Uhr│ Gleim-Literaturpreisverleihung

4.11., 11 Uhr │ Vorstellung des Preisträgerbuchs

6.11., 15 Uhr│ Stadtspaziergang zu Frauengeschichten in Halberstadt im Rahmen der ersten Halberstädter Frauenwoche/15 Jahre FrauenOrt mit anschließender Lesung im Gleimhaus

8.11., 19.30 Uhr│ Lesung mit Bernadette Conrad: Was dich spaltet. „Halberstädter VorLesung“. In Kooperation mit der Hochschule Harz in der Hochschulbibliothek

13.11., 18 Uhr │ Lesezirkel

16.11., 15 Uhr │ Leseempfehlungen der Buchhandlung Schönherr

11.12., 18 Uhr │ Lesezirkel

13.12., 19.30 Uhr │ Bückdichware Zukunft. Vortrag von Karsten Kruschel

21.12., 15 Uhr │ Koch- und Backbücher in der DDR. Mit Annegret Loose und Susanne Wiermann

 

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Besuchen Sie uns bald wieder. Und bleiben Sie gesund und munter!

 

Mit freundlichen Grüßen

Das Gleimhaus-Kollegium

Herausgeber:
GLEIMHAUS
Museum der deutschen Aufklärung
in Trägerschaft des Förderkreises Gleimhaus e.V.


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38820 Halberstadt
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