Schauerballaden, Bückdichware, Kochbücher ...
                                                      ... der Dezember im Gleimhaus

Newsletter des Gleimhauses 12/2023

Liebe Freundinnen und Freunde des Gleimhauses,
sehr geehrte Damen und Herren,

Unfug, der Leib und Seele verdirbt und der Vernunft widerspricht – so schimpften manche Aufklärer dagegen, Kindern weiszumachen, ihre Geschenke kommen vom Christkind, vom Weihnachtsmann, vom Nikolaus oder gar vom Knecht Ruprecht. Heute urteilen wir in mancher Hinsicht milder, in mancher anderen Hinsicht haben sich aufgeklärte Einsichten vielleicht noch nicht hinreichend durchgesetzt. Jedenfalls wird dieser Tage im Foyer des Gleimhauses wieder der Christbaum aus Büchern aufgebaut und das Weihnachtsbild von Otto Illies aus dem Depot geholt, damit es zum ersten Adventswochenende besinnlich wird. Mit Schauerballaden, Bückdichware, Kochbücher haben wir auch eine ordentliche Spannweite an Veranstaltungen zum gedruckten Wort im Programm, wie Sie aus diesem Newsletter erfahren. Und der Freundschaftstempel lohnt ohnehin zu jeder Jahreszeit einen Besuch.

Leseland DDR (bis 28. Jan. 2024)

Die Schau lädt zu einer Reise durch das „Leseland DDR“ auf 26 Tafeln mit Texten, Bildern und Videos ein. Sie erzählt vom Eigensinn der Menschen, die sich ihre Lektüre nicht vorschreiben lassen wollten, die für rare Bücher Schlange standen und auf der Leipziger Buchmesse so manchen begehrten Titel westdeutscher Verlage heimlich in die Tasche steckten. Die Reise führt durch ein Land, dessen Obrigkeit an die Macht des geschriebenen Wortes glaubte und es zugleich fürchtete. Sie führt durch die Welt der Krimis, Märchen, Science-Fiction sowie Kochbücher, durch Literatur aus der Sowjetunion und die Werke der schreibenden Arbeiter des sozialistischen Realismus. Sie endet mit den Schriftstellern in der Friedlichen Revolution und der DDR als Thema in der Gegenwartsliteratur.

Die Ausstellung wurde von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur herausgegeben.

Mo., 11. Dez., 18 Uhr │ Lesezirkel: Schauerballaden
Bürgers „Lenore“ und Herders „Erlkönigs Tochter“: Laut gelesen, erschauert man noch heute. Mit diesen beiden Glanzpunkten der Schauerballade beschäftigt sich der Lesezirkel im Dezember. Im 18. Jahrhundert erlebte die Kunstballade eine erste große Blüte und damit auch die Schauerballade. Sie vereint Lyrik, Prosa und Dramatik auf besondere Weise. Die Texte stehen vorab auf der Homepage. Neulinge sind beim Lesezirkel immer willkommen, der Eintritt ist frei.

Mi., 13. Dez., 19.30 Uhr │ Geist und Muse bei Gleim: Bückdichware Zukunft
„Wissenschaftliche Phantastik“ – so nannte man in der DDR Science Fiction, die stets Bückdichware war. Der Schriftsteller Karsten Kruschel berichtet in seinem Vortrag mit Filmbeispielen über die Denkverbote der offiziellen DDR-Kulturpolitik und die Lust, sie außer Kraft zu setzen sowie über die Sehnsucht nach Zukunft und die Flucht aus der grauen Wirklichkeit. Eintritt frei.

Do., 21. Dez., 15 Uhr │ Literaturgespräch bei Gleim: Koch- und Backbücher in der DDR
Was fällt Ihnen zum Thema „Koch- und Backbücher in der DDR“ ein? Vielleicht einer der Klassiker, den Annegret Loose und Susanne Wiermann dem Publikum vorstellen. Hierzu gibt es bei diesem Literaturgespräch Ausführungen zur Esskultur in der DDR und auch einige Proben zum Kosten. Eintritt frei.

Sa., 2. Dez., 16 Uhr│Adventssingen der Evangelischen Christengemeinde Halberstadt
Gesungen werden Advents- und Weihnachtslieder, zum Ausklang gibt es Kaffee und Plätzchen. Eintritt frei.

So., 17. Dez., 11 Uhr │ Musik zum Advent mit dem Collegium musicum
Es erklingen Stücke von W. A. Mozart, J. C. F. Fischer, G. F. Händel, H. Purcell, A. Corelli, F. Manfredini und weitere weihnachtliche Weisen. Eintritt frei.

Wissen Sie, was ein Lebendiger Adventskalender ist? Das sind 24 Häuser einer Nachbarschaft, von denen jeden Tag ein anderes seine Tür öffnet zu einer kurzen Aktion – ob gesprochen oder gesungen, fest oder flüssig. Im günstigen Fall führt dies zu Begegnung und Besinnlichkeit. Im vergangenen Jahr konnte man dies erstmals auch rund um den Halberstädter Domplatz erleben. Weil es so schön war, gibt es eine Neuauflage. Am Gleimhaus öffnen sich die Türchen am Fr., dem 1. Dez., am Di., dem 19. Dez. (Stadtarchiv und Beratungsstelle Bestandserhaltung hier im Haus) sowie am Fr., dem 22. Dez., jeweils kurz nach 17 Uhr, wenn die Domglocken ausgeläutet haben.

Sollten Sie noch um ein Geschenk verlegen sein, so ist vielleicht der Hinweis auf unseren Museumsshop willkommen? Wir haben beispielsweise handgefertigte Schreibwaren der Diakonie-Werkstätten Halberstadt im Angebot, selbstverständlich auch noch die Briefedition und den Begleitband zur Karsch-Ausstellung sowie tränenselige Artikel wie Taschentücher und Brillenputztücher, da doch die Karschin auch ‚mit Tränen‘ geschrieben hat. Einiges an Literatur ist im Preis stark gesenkt. Darf’s ein bisschen größer sein? Wie wäre es dann mit der lebensgroßen Büste der Karschin von Daniel Priese aus dem Jahr 2008 oder mit derjenigen Gleims von Norman Lodahl von 2010 – beide wetterfest, siehe https://www.gleimhaus.de/museumsshop.html

Eine solche Dauerleihgabe empfängt man nicht alle Tage: Nicht ein einzelnes Gemälde, sondern gleich acht, und zwar Porträts der Familie des Justizamtsmannes Leonhart aus Niedeck bei Göttingen, Eltern und 6 Kinder, gemalt von dem recht interessanten Porträtisten Leopold Matthieu, einem Sohn der Rosina de Gasc. Was daran literarisch ist? Zwei der Töchter waren mit dem Dichter Gottfried August Bürger verheiratet - nein, genau betrachtet, nicht strikt nacheinander. Wir werden die Porträtreihe demnächst bei Museum digital einstellen und dann noch einmal berichten.

Noch läuft die Crowdfunding-Kampagne zur Finanzierung des Theater-Projekts „Ich bin dann er – Catharina Linck 1687-1721“, das die Geschichte der Catharina Linck auf die Bühne bringen soll. Linck wurde am 8. November 1721 auf dem Fischmarkt in Halberstadt mit dem Schwert hingerichtet. Sie hatte unter dem Namen Anastasius Lagrantinus Rosenstengel als Mann gelebt und eine Frau geheiratet. Das Theaterstück soll an sie erinnern und ein Zeichen für Toleranz und Offenheit setzen. Unweit der Hinrichtungsstätte, in der Martinikirche, ist für Ende Juni 2024 die Uraufführung geplant. Der renommierte Theaterautor Marcus Everding wurde engagiert, das Stück zu schreiben. Um das ungewöhnliche Theaterprojekt des Nordharzer Städtebundtheaters finanzieren zu können, haben sich der Geschichtsverein, das Kuratorium Stadtkultur, der Theaterförderverein und das Gleimhaus als Unterstützer eingefunden und eine ins Leben gerufen. Das Projekt kann unterstützt werden unter: www.startnext.com/ich-bin-dann-er

8.1., 18 Uhr  │ Lesezirkel

10.1., 19.30 Uhr │Sarah Kirsch und Halberstadt. Mit Moritz Bense und Ute Pott

17.1., 19 Uhr │ Konzert KO zu Erwin und Eva Strittmatter. In Kooperation mit der Stadt Halberstadt

18.1., 15 Uhr │ Schreibende Frauen in der DDR: Eva Strittmatter, Maxie Wander und Brigitte Reimann

12.2., 18 Uhr │ Lesezirkel

14.2. │ Eröffnung der Ausstellung: Alexander Kluge - Enlightenment (=Aufklärung). Eine Ausstellung für meine Heimatstadt.

15.2., 15 Uhr │ Erinnerungen an Dr. Ernst Kluge

11.3., 18 Uhr │ Lesezirkel

13.3., 19.30 Uhr Musik als Hoffnung in schwerer Zeit. Anita Lasker-Wallfisch – Erinnerungen der Cellistin von Auschwitz. Reinhold Glière – Duette op. 39. Lesung und Konzert mit Maria Hufenreuter, Antonela Ioanita und Jens Herrmann

21.3., 15 Uhr │ Gleims Herz. Mit Reimar Lacher

Wir wünschen eine besinnliche Weihnachtszeit. Sie hören und sehen von uns auf youtube, bei Instagram unter „@likeGleim“ und bei Facebook unter „@Gleimhaus“.

Besuchen Sie uns bald wieder. Und bleiben Sie gesund und munter!

 

Mit freundlichen Grüßen

Das Gleimhaus-Kollegium